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​​Frauen in MINT-Berufen:
Weg mit Klischees, her mit Vorbildern

​​Ob IT-Expertin, Ingenieurin oder Chemikerin – in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen sind Frauen deutlich seltener vertreten als Männer. Zwar ist der Anteil der Studentinnen in MINT-Fächern gestiegen. Doch noch immer haben viele Mädchen und junge Frauen Vorbehalte gegen solche Berufsfelder oder unterschätzen ihre Fähigkeiten, wie Umfragen belegen. Fachleute sind sich einig: Damit sich das ändert, braucht es mehr weibliche Vorbilder. ​ 

Eine junge Studentin sitzt vor einem Mikroskop und gibt mit Hilfe ihrer Lehrerin Daten in einen Computer ein

​​MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Nach wie vor gelten diese Fächer als „Männerdomäne“. Technische Studiengänge scheinen für junge Frauen wenig attraktiv zu sein. Woran liegt das? Studien zufolge spielen überholte Klischees eine Rolle.  

​In einer Untersuchung der Universität Zürich hatten 1.500 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten die Wahl zwischen fiktiven Studienfächern. Die Schülerinnen entschieden sich tendenziell gegen Fächer, die vor allem analytisches Denken voraussetzen, aber vermeintlich wenig soziale und emotionale Fähigkeiten erfordern. Dagegen bevorzugten sie mehrheitlich Berufsfelder, bei denen es stärker auf Kreativität und soziale Kompetenzen ankommt und die mutmaßlich eher die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit bieten. ​ 

​​Vorurteile beeinflussen Berufswahl​ 

Die Autorin der Studie, Benita Combet, führt dieses Ergebnis auf hartnäckige Vorurteile zurück. „Vor allem im Hinblick auf Faktoren wie logischer Denkstil und technische Fähigkeiten existieren noch starke geschlechtsspezifische Stereotypen, welche die Entscheidung der Gymnasiastinnen offensichtlich maßgeblich beeinflussen“, erklärt Combet und empfiehlt, die Schülerinnen besser über die Studienfächer zu informieren. Viele gängige Vorstellungen seien nämlich nicht zutreffend, etwa dass es beim Ingenieurstudium nur darum gehe, technikaffin zu sein. Vielmehr seien hier ebenso zwischenmenschliche und kreative Fähigkeiten gefragt.

​Von den 1,08 Millionen Studierenden, die im Wintersemester 2022/2023 an deutschen Hochschulen in MINT-Fächern eingeschrieben waren, waren knapp ein Drittel Frauen. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen Fächern, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen: Am höchsten war der Frauenanteil im ersten Fachsemester in Innenarchitektur (87 Prozent), am niedrigsten in Fahrzeugtechnik (8 Prozent). Informatik lag mit rund 23 Prozent im unteren Mittelfeld.  

Elektronikerin beim Löten eines Bauteils

​Seit jeher sind Berufe, die einen Studienabschluss in MINT-Fächern erfordern, männlich dominiert. Laut einem Bericht des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) waren im Jahr 2020 von 3,12 Millionen erwerbstätigen MINT-Akademikerinnen und -Akademikern 732.100 weiblich – weniger als ein Viertel. Noch größer ist die Diskrepanz bei den Ausbildungsberufen. Hier lag die Frauenquote 2022 sogar nur bei knapp neun Prozent.  

​​Mädchen verkennen ihre Stärken​ 

​​Bei gleichen Kompetenzen schätzten sich Mädchen im Vergleich zu Jungen schlechter in den MINT-Fächern ein, heißt es in dem IW-Gutachten weiter. Nicht zuletzt mit Blick auf den Fachkräftemangel plädieren die Autorinnen und Autoren für eine „klischeefreie Berufs- und Studienorientierung“: „Bessere Feedbacksysteme an Schulen können helfen, dass Mädchen und junge Frauen ihre vorhandenen MINT-Stärken besser erkennen.“ 

​Geschlechtsspezifische Vorurteile wirken sich nicht nur negativ auf die Selbsteinschätzung aus, sondern können sogar dazu führen, dass Schülerinnen in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern auch schlechter abschneiden. Zu diesem Ergebnis kommt die American Association of University Women (AAUW) in ihrem Bericht „The STEM Gap“ („Die MINT-Kluft“). „Der Grundstein für eine MINT-Karriere wird schon früh im Leben gelegt“, schreibt die AAUW. Eltern und Lehrkräfte sollten die Mädchen ermutigen statt Vorbehalte zu verstärken.  

Junge Schüler beobachten eine chemische Reaktion bei einem wissenschaftlichen Experiment im Klassenzimmer

​Selbst nach einem erfolgreichen Studienabschluss entscheiden sich Frauen seltener für einen tatsächlichen MINT-Beruf als Männer. Dies hängt offenbar nicht zuletzt mit fehlenden Rollenvorbildern zusammen. Anders gesagt: Weibliche „Role Models“ sind ein wesentlicher Faktor für die spätere Berufswahl. Das belegen zum Beispiel Zahlen aus einer Studie des US-Softwareunternehmens Microsoft, für die junge Frauen und Mädchen in ganz Europa befragt wurden. Demnach interessieren sich rund zwei Fünftel von ihnen für MINT-Fächer, wenn sie ein Vorbild aus diesem Bereich haben – fast doppelt so viele wie bei den Befragten ohne Vorbild. Und nicht nur das: Schülerinnen mit entsprechenden Vorbildern bewerten ihre Leistungen in MINT-Fächern insgesamt höher als jene ohne Vorbilder.  

​Dieses Ergebnis deckt sich mit anderen Untersuchungen zum Thema Frauen in MINT-Berufen. In einer Erhebung der IU Internationalen Hochschule Erfurt gaben 70 Prozent der befragten Schülerinnen an, sie seien an MINT-Themen interessiert. Mehr als 40 Prozent erklärten aber zugleich, sich mit solchen Themen überfordert zu fühlen. Auch hier fiel auf, dass weibliche Vorbilder fehlen: Nur wenige Teilnehmerinnen hatten eine Freundin oder weibliche Verwandte, die in einem MINT-Beruf arbeitet. Umso wichtiger ist es, dass Frauen mit einem technischen oder naturwissenschaftlichen Beruf stärker wahrgenommen werden – von Schülerinnen, Auszubildenden und Studentinnen ebenso wie von Lehrkräften und Eltern. 

​Dieser Artikel ist der Auftakt zu einer Serie von Beiträgen, mit denen Heraeus Frauen in MINT-Berufen sichtbar macht. Wir stellen Expertinnen vor, die an innovativen Projekten beteiligt sind, sprechen mit einer weiblichen Führungskraft und lassen eine Berufseinsteigerin zu Wort kommen.