Grüne Chemikalien aus Lignin als Erdöl-Alternative
Rund neun Prozent des weltweit geförderten Erdöls gehen in die chemische Industrie. Um ihren CO2-Fußabdruck zu verringern, wollen auch Chemieunternehmen weg von fossilen Ausgangsstoffen. Das „schwarze Gold“ dient normalerweise als Ausgangsstoff für aromatische Verbindungen, die wiederum zur Herstellung von Kunststoffen, Medikamenten und Farben verwendet werden. Daher rückt die Nutzung von Lignin aus Biomasse immer mehr in den Fokus. Lignin ist eines der am häufigsten in der Natur vorkommenden Polymere und ein organischer Rohstoff, der eine große Anzahl an aromatischen Bausteinen enthält.
Biomasse aus Bäumen, Sträuchern oder Heu besteht aus Zellulose, Lignin und Hemizellulose. In der Papierherstellung wird aktuell das Abfallprodukt Lignin verbrannt und dient so als Energiequelle – obwohl es auch als ein wertvoller Rohstoff für die chemische Industrie eingesetzt werden kann. Die einzigartige Struktur und die chemischen Eigenschaften von Lignin ermöglichen die Herstellung einer breiten Palette von Chemikalien unseres alltäglichen Lebens. Daher kann Lignin als eine der wichtigsten aromatischen Ressourcen für eine biobasierte Chemieindustrie angesehen werden.
Eine Herausforderung bestand bisher darin, die Makromoleküle des Lignins im industriellen Maßstab in entsprechende kleine Bausteine, die sogenannten Monomer- und Oligomer-Einheiten, aufzuspalten. Heraeus Precious Metals hat nun in einer Kooperation mit der Johannes Kepler Universität Linz einen industriellen Edelmetallkatalysator entwickelt, der genau diese Aufspaltung gezielt ermöglicht.
Unser Beitrag: Edelmetall-Katalysatoren für die Nutzung von Lignin
Die neuen Katalysatoren für den industriellen Einsatz sind bereits zum Patent angemeldet. „Wir haben festgestellt, dass heterogene Katalysatoren auf einem Hydrotalcit als Trägermaterial mit einer Edelmetallbeladung von fünf Prozent Platin und einem Prozent Nickel am besten für die vollständige Umsetzung von Lignin funktionieren“, erklärt Dr. Gisa Meißner, Projektleiterin in der Forschungsabteilung für chemische Edelmetall-basierte heterogene Katalysatoren bei Heraeus Precious Metals. Hydrotalcit weist neben aziden auch basische Zentren auf – das wirkt sich positiv auf die Reaktion aus. Der Edelmetall-Katalysator spaltet zudem die chemische Struktur von Lignin in phenolische-Komponenten auf, ohne dass dabei Koks entsteht.
Da sich der Katalysator bei dem Prozess nicht verbraucht, ermöglicht dies eine mehrmalige Wiederverwendung. Heterogene Edelmetall-Katalysatoren von Heraeus unterliegen zudem einem ökologisch und ökonomisch optimalen Kreislaufsystem, da das recycelte Edelmetall seinen wiederholten Einsatz in neuen heterogenen Katalysatoren findet.
Die Experten von Heraeus arbeiten bereits daran, den bisher eingesetzten Pulverkatalysator durch Pellets zu ersetzen, um ein kontinuierliches Verarbeitungsverfahren in der großtechnischen Anwendung zu gewährleisten. „Mit unserem Katalysator-Know-how sind wir bereit für die wachsenden Märkte im Bereich der Umsetzung von Biomasse“, betont Dr. Meißner. Die neuen Katalysatoren bieten die besten Voraussetzungen dafür, dass die Umwandlung des Naturstoffs Lignin in Polymere wie PET, Kevlar oder Kunstharze wie Phenolharze, in großtechnischen Verfahren möglich wird.