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​​Optimale Brennofen-Nutzung dank KI​

Von der IT über die Kommunikations- bis zur Umwelttechnologie – Quarzglas ist dank seiner vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten stark begehrt. Einer der wenigen weltweiten Lieferanten des einzigartigen Werkstoffs ist Heraeus Comvance. Die Operating Company von Heraeus spürt die hohe Nachfrage praktisch täglich. Knackpunkt für eine höhere Produktionsquote ist die optimale Auslastung eines speziellen Brennofens, in dem bei extremen Temperaturen Quarzglas-Zylinder zur Weiterverarbeitung entstehen. Hier packt deshalb bereits KI mit an, um den Ofen noch besser zu befüllen.

AI-generated image of closely spaced, glowing bronze cylinders in an open kiln. Generated with Midjourney; Adobe Firefly

Er ist zylindrisch, circa vier Meter hoch, einen Meter breit und steht am Produktionsstandort von Heraeus Comvance in Bitterfeld: der elektrische Spezialofen zur Herstellung von Quarzglas. Dafür müssen seine insgesamt vier Etagen mit ebenfalls zylindrischen, verschieden großen Formen bestückt werden, die mit Quarz-Granulat befüllt sind. Bei rund 2.000 Grad Celsius schmilzt dieses Granulat auf und es entsteht Quarzglas. Klingt eigentlich simpel. Die entscheidende Frage bei diesem Ofen ist aber, wie man seine Etagen bestmöglich befüllt, um die Bestellungen optimal abzuarbeiten. Denn diese gibt es reichlich.: „Als wir im Jahr 2023 zum ersten Mal über den Einsatz von KI nachdachten, lag der Auftragseingang bereits weit über der maximalen Kapazität des Ofens. Die Verantwortlichen waren daher froh über jedes zusätzliche Teil, das in den Ofen passte. Durch den Einsatz von KI konnten wir die Beladung so optimieren, dass die Kapazitätsgrenze immens erhöht wurde. Wir können nun 50% mehr Material prozessieren und dadurch die Auftragslage wesentlich effizienter bewältigen. Wir haben damit alle ursprünglichen Erwartungen übertroffen. “, berichtet Christian Piazzi, Program Manager AI.  
 
Bisher lag die Befüllung ausschließlich in menschlicher Hand: Sehr erfahrene Mitarbeitende packten viermal in der Woche, beziehungsweise rund 20-mal im Monat, den Ofen anhand der eingegangenen Bestellmengen und zugesagten Lieferdaten. Diese Experten waren aufgrund der großen Nachfrage immer etwas unter Druck. Es blieb aufgrund der hohen Nachfrage keine Zeit, erst eine optimale Befüllung auszutüfteln, sondern es musste sich ganz auf die langjährige Erfahrung verlassen werden.

Auslastung um fast 50 Prozent gesteigert 

„Kleine Dinge in ein großes Ding“ zu packen, erschien auf dem ersten Blick nicht als Riesenherausforderung für die KI-Programmierung. „Unsere obligatorische Literatur-Recherche ergab aber schnell, dass es für kleine Zylinder in großen Zylinder kaum Literatur und keinerlei Algorithmen gibt“, erklärt Piazzi. „Wir mussten selbst von Grund auf starten.“ Ein Data Scientist des Digital Hubs hat sich selbst sehr tief eingearbeitet und viele verschiedene Möglichkeiten getestet. Das hat sich gelohnt: Resultat ist eine um mehr als 50 % verbesserte Volumenauslastung gleichbedeutend mit einem um rund 1,3 Millionen Euro höheren jährlichen Produktausstoß und entsprechend weniger Ofenläufen. Was sich wiederum in 120 MWh Energieersparnis und 114 Tonnen weniger CO2-Emissionen jedes Jahr niederschlägt. 

​​KI visualisiert optimale Befüllungen​ 

Damit hat selbst KI-Experte Piazzi nicht gerechnet: „Auch wenn die Zahlen bisher auf einer von Experten abgesicherten Simulation beruhen, haben sie uns doch sehr positiv überrascht, insbesondere der um 1,3 Millionen Euro gesteigerte Ausstoß.“ Jetzt können rasch Taten folgen, denn der erforderliche Ofenumbau ist anhand der Zahlen mehr als lohnend. Dazu wird im Ofen ein Skelettmantel integriert, mit dessen Hilfe die vier Etagen am Rand aufliegen und nicht mehr durch das Platzieren kleinerer und größerer Zylinder kippen können. Dann kann die KI loslegen, die auf acht verschiedene Zylindergeometrien trainiert worden ist. Der Mensch gibt nur noch ein, wie viele Zylinder welcher Größe in diesem Monat hergestellt werden sollen und die KI visualisiert am Rechner die 20 optimalen Befüllungen. Die Bestückung selbst bleibt aber weiter Handarbeit. Ende des Jahres geht bei Heraeus Comvance dann noch ein zweiter Ofen in Betrieb, der dank KI ebenfalls mehr Ausstoß liefert.  
  

KI als Packmeister einzusetzen, ist eine ausgezeichnete Idee. Das hat sich auch bei der Verleihung der internen Heraeus Awards 2023 gezeigt. Dort gewann das Projekt die Kategorie „Focus Award“, die rasche Anpassungen an Marktherausforderungen auszeichnet. Das neue Tool nutzt Heraeus auch für die Abteilungen anderer Operating Companies. Außerdem muss es laut Piazzi nicht immer die Zylinder-in-Zylinder-Herausforderung sein: „Wir haben noch mehrere weitere Anwendungsmöglichkeiten innerhalb unserer Unternehmensgruppe, für die wir den Einsatz unserer Pack-KI aktuell prüfen.“