„Wir können das PET auf seinen reinen Grundstoff zurückbringen“
Kunststoffe sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Einer der wichtigsten davon ist Polyethylenterephthalat, kurz PET. Heraeus hat 2022 eine Mehrheitsbeteiligung an revalyu erworben, einem weltweit führenden Unternehmen für chemisches PET-Recycling. Das Unternehmen, das in der indischen Stadt Nashik gegründet wurde, hat ein neuartiges Recyclingverfahren für PET-Flaschen entwickelt. Jan van Kisfeld, Geschäftsführer von revalyu, spricht im Interview über das Potenzial der innovativen Technologie.
revalyu verwertet Plastikmüll und schafft aus den Grundstoffen hochwertige PET-Materialien. Was ist das Innovative am Recyclingverfahren von revalyu?
Es handelt sich um einen chemischen Recyclingprozess, der ohne die Zugabe von Katalysatoren oder Additiven auskommt. Im Vergleich zu anderen Verfahren, wird unser Prozess bei niedrigeren Temperaturen und geringeren Drücken gefahren. So kann er besonders kosten-und energieeffizient durchgeführt werden. Beim chemischen Recycling können wir existierende Verunreinigungen in den PET-Flaschen vollständig herauslösen und das PET auf seinen reinen Grundstoff zurückführen. Unser recyceltes PET ist somit sehr hochwertig und eignet sich aufgrund seiner Reinheit auch für anspruchsvollste Anwendungen. Die Qualität ist vergleichbar mit konventionell produziertem PET.
Wo wird das recycelte PET konkret eingesetzt?
Wir stellen zum Beispiel äußerst feine Garne für die Textilindustrie her, die aktuell in hochwertiger Outdoor- und Funktionskleidung zum Einsatz kommen, aber auch in der Automobilindustrie, in Möbeln oder in technischen Textilien, wie flammenhemmenden Stoffen. In unserem Werk werden außerdem sogenannte r(ecycled) PET-Chips hergestellt, aus denen unsere Kunden wiederum selbst Stoffe in den genannten Bereichen fertigen. Theoretisch kann man das recycelte PET für sämtliche Anwendungen einsetzen, die auf PET basieren.
PET-Recycling reduziert den CO2-Ausstoß, spart Energie und schont natürliche Ressourcen. Das Verfahren von revalyu scheint besonders nachhaltig zu sein.
Das stimmt, unser Recycling-Prozess verbraucht über 90 Prozent weniger Energie und rund 75 Prozent weniger Wasser als herkömmliche Verfahren zur Herstellung von PET-Polymeren auf Rohöl-Basis. Außerdem kann der Recyclingprozess unbegrenzt wiederholt werden.
Warum liegt der Schwerpunkt beim Recycling aktuell auf PET-Flaschen?
PET-Flaschen, die nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden und auf der Mülldeponie landen oder verbrannt werden, sind ein großer Teil des Plastikmüllproblems. Da pro Jahr mehrere hundert Milliarden PET-Flaschen produziert werden, sind sie ausreichend verfügbar und mit unserem Verfahren relativ einfach zu recyceln.
Wir forschen aber bereits daran, wie wir Polyesterkleidung recyceln können. Das ist allerdings deutlich aufwendiger. Bevor die Stoffe durch unseren Prozess in ihre chemische Grundsubstanz zerlegt werden, braucht es einige Zwischenschritte. Zum Beispiel müssen Knöpfe und Reissverschlüsse entfernt werden. Außerdem ist es notwendig, die Stoffe zu zerkleinern und Farben zu beseitigen.
Momentan werden im revalyu-Werk in Indien jeden Tag 40 Tonnen PET-Flaschen recycelt. Dabei soll es nicht bleiben.
Unser Ziel ist es, bis 2026 täglich 100 Millionen PET-Flaschen zu recyceln, das sind 1.000 Tonnen pro Tag. Wir haben bereits begonnen, zwei neue Anlagen in Nashik, Indien zu bauen. Die Arbeiten kommen gut voran. Anfang kommenden Jahres wollen wir die Produktion starten. Dann kommen wir alleine in Indien auf eine Kapazität von 200 Tonnen pro Tag. Außerdem beginnen wir in diesem Jahr mit dem Bau eines neuen Werks in den USA, das in seiner ersten Phase eine Kapazität von 100 Tonnen pro Tag haben wird. Auch hier können wir in einer zweiten Phase, auf 200 Tonnen pro Tag erweitern.
Wohin wird die Reise von revalyu in Sachen PET-Recycling gehen?
Das Potenzial ist immens groß. Bisher liegt unser Schwerpunkt darauf, aus gebrauchten Flaschen PET für recycelte Textilfasern und rPET Chips herzustellen.
Unser Ziel ist es, die Technologie so weiterzuentwickeln, dass wir sie für weitere Ausgangsmaterialien und Endprodukte auf PET-Basis eingesetzen können. So wollen wir mit unserem Verfahren den PET-Flaschen-Kreislauf schließen, indem wir zukünftig recycelte rPET-Chips anbieten, aus denen neue Flaschen gefertigt werden können.
Zum anderen wollen wir mit unserem Verfahren weitere Ausgangsmaterialien wiederverwerten, wie zum Beispiel Polyestertextilien.
Je länger und intensiver wir uns mit der Technologie und der herausragenden Qualität unseres Materials beschäftigen, desto mehr zeigt sich, wie groß die Spannbreite möglicher Produkte und Anwendungen in der Zukunft sein kann. Das ist für uns alle bei revalyu ein spannender Prozess. Es lohnt sich also, weiter zu forschen und die Dinge größer zu denken.